Erinnerungsschiessen in Burgdorf


Zur Erinnerung (geschichtlicher Hintergrund)
Um die Zeit von 1790 – 1800 zeichnete sich die „alte Eidgenossenschaft“ durch politische Instabilität und grosse Zerrissenheit im Verteidigungswillen aus. So darf es nicht verwundern, dass sich zu jener Zeit fremde Heere auf Schweizer Boden bekriegten.
Im Jahre 1798 erlitten die Berner im Grauholz eine militärische Niederlage gegen die Franzosen. Die Gefechte im Grauholz sowie bei Neuenegg und Fraubrunnen (6 km Luftlinie vom ehemaligen Gefechtsfeld zum Standort des Erinnerungsschiessens) fanden am 5. März 1798 statt. Wirren, Hunger und grosse Not zeichneten die Eidgenossenschaft. Die alte Staatsordnung brach zusammen. Die Helvetische Verfassung wurde unseren Vorfahren aufoktroyiert.
1803 setzte Napoleon die Mediationsverfassung in Kraft. Die Schweiz wurde ein Protektorat Frankreichs.
Es bleibt zu hoffen, dass sich unser Land nie mehr solcher Knechtschaft ausgesetzt sehen muss. Die Hoffnung allein genügt aber nicht. Eiserner Wehrwille und ein echtes Zusammengehörigkeitsgefühl aller Eidgenossen bilden die unabdingbare Voraussetzung zur Erhaltung unserer Unabhängigkeit und Neutralität.
Das Erinnerungsschiessen soll Jahr für Jahr erneut eine Demonstration unserer Heimatliebe und unseres Willens, dieses Vaterland auch zu verteidigen, darstellen.


Aus den Anfängen des Erinnerungsschiessens
Am 3. Dezember 1900 besprachen sich Delegierte der Schützengesellschaft der Stadt Bern, Feldschützengesellschaft Herzogenbuchsee, Feldschützengesellschaft Langnau, Feldschützengesellschaft Langenthal und Schützengesellschaft Burgdorf über die Anregung eines historischen Erinnerungsschiessen in Burgdorf, um sich der Ereignisse der trüben Märztage von 1798 zu erinnern und sich zu wappnen gegen die Wiederkehr ähnlich bitterer und schwacher Zeiten. Und wie könnte ein Volk sich dagegen besser schützen und schirmen, als durch die Übung mit der Waffe. Das 1. Erinnerungsschiessen fand am 10. März 1901 in Burgdorf statt. Es wurde im Stand auf 260 Meter Distanz geschossen. Einheitliches Kehrscheibenbild mit 5 Punkte Einteilung. Die Scheiben trugen die Namen „Fraubrunnen“, „Grauholz“ und „Neuenegg“. Auf die ersten zwei Scheiben wurden je 10 Schüsse geschossen. Neuenegg war freier Schnellfeuerstich. Auch einige Kehrscheiben standen zum Einschiessen zur Verfügung. In der Scheibe Fraubrunnen wurde um das gemeinschaftliche Abendessen geschossen. Kränze wurden nicht ausgeteilt. Der beste Schütze im Schnellfeuer erhielt einen Becher. Das Erinnerungsschiessen war schon im ersten Guss wohlgeraten und fand seine bleibende Form.
Das 2. Erinnerungsschiessen fand am 9. März 1902 statt. Als neue Gesellschaft kam Langenthal hinzu. 1904 wurde das Serienschiessen eingeführt und dafür eine Anzahl Preise ausgesetzt.
Von 1906 an wird der Becher, der bisher von der Schützengesellschaft Herzogenbuchsee gestiftet worden war, auf die allgemeinen Kosten genommen. In der Organisation wurden entsprechend den Fortschritten im Schiessen nach und nach verschiedene Neuerungen eingeführt.
1907 wurden die Feldschützen von Sumiswald und von Langnau (Wett- und Weiberschiessenverband) ebenfalls eingeladen, 1916 die Schützen von Fraubrunnen, Utzenstorf und Bätterkinden.
Im Märzschiessen 1913 wurde im Stand auf dem Wyler in Bern abgehalten. Die Stadtschützengesellschaft Bern hatte die Durchführung übernommen, da durch die Verheerungen der Emme im Sommer 1912 der Scheibenstand von Burgdorf zerstört und noch nicht wieder aufgebaut worden war. 1914 siedelte das Schiessen wieder nach Burgdorf an seinen Geburtsort über.
1919 herrschte Munitionsmangel: man musste auf den Anlass verzichten.
1921 finden sich die Zofinger Schützen unter den Gästen. 1925 traf die freudige Kunde ein, dass die Zofinger Schützenfreunde von nun an jedes künftige Erinnerungsschiessen in Burgdorf ein silberner Ehrenbecher bzw. ein Gobelet zu stiften beschlossen hätten.
2020 und 2021 musste aufgrund der Corona-Pandemie auf eine Durchführung verzichtet werden.


Heutige Durchführung
Nebst dem Rütlischiessen stellt das Burgdorfer Erinnerungsschiessen das älteste Historische Schiessen dar. Es können vier Perioden unterschieden werden:

  • Bis zum 2. Weltkrieg historisches Programm
  • Während 2. Weltkrieg reduziertes Programm
  • Erste Nachkriegsjahre wechselnde Programmvarianten
  • Seit 1954 unverändertes Programm (2 Probe- und 12 Wertschüsse)


Neuerungen sind in folgenden Punkten eingetreten:

  • Einzel- und Gruppenauszeichnungen
  • Doppelgeld
  • Auszeichnungslimite
  • Absenden im Schützenhaus im Anschluss an das Schiessen
  • Juniorenprämie


Die Delegiertenversammlung des Erinnerungsschiessen-Verbandes fand in früheren Jahren jeweils im Januar oder Februar statt und entschied dabei bereits für das Erinnerungsschiessen des folgenden Jahres. Mit dem Ansetzen der Delegiertenversammlung auf den letzten Freitag im Oktober kann zum unmittelbar bevorstehenden Schiessen Stellung genommen werden.
Der Erinnerungsschiessen-Verband setzt sich aus folgenden Schützengesellschaften zusammen:

  1. Durchführende Gesellschaft (Organisation) - Stadtschützen Burgdorf
  2. Stammsektionen - Stadtschützen Bern - Schützengesellschaft Herzogenbuchsee - Stadtschützen Langenthal - Schützengesellschaft Langnau / Bärau - Feldschützen Sumiswald (bis 2020) - Schützengesellschaft Zofingen - Kirchberg Schützen (ab 2021)
  3. Stifterin des Ehrenbechers - Schützengesellschaft Zofingen

Mit Entscheid der Eidg. Schiesskonferenz vom 15.10.2020 wurde dem Antrag, das Erinnerungsschiessen Burgdorf ab 2021 auf die Liste der Historischen Schiessen aufzunehmen, entsprochen.
Datum des Erinnerungsschiessens ist jeweils der erste Samstag im März. Die Vergabe des Ehrenbechers findet unter den Verbandssektionen im Turnus wie folgt statt:

  • 118. Erinnerungsschiessen, Samstag, 5. März 2022, Ehrenbecher für Burgdorf
  • 119. Erinnerungsschiessen, Samstag, 4. März 2023, Ehrenbecher für Herzogenbuchsee
  • 120. Erinnerungsschiessen, Samstag, 2. März 2024, Ehrenbecher für Langenthal
  • 121. Erinnerungsschiessen, Samstag, 1. März 2025, Ehrenbecher für Langnau / Bärau
  • 122. Erinnerungsschiessen, Samstag, 7. März 2026, Ehrenbecher für Bern
  • 123. Erinnerungsschiessen, Samstag, 6. März 2027, Ehrenbecher für Zofingen
  • 124. Erinnerungsschiessen, Samstag, 4. März 2028, Ehrenbecher für Kirchberg


Burgdorf, 18. Dezember 2021

Martin Kolb

- Präsident Stadtschützen Burgdorf
- Präsident Erinnerungsschiessen-Verband